Über Erdoĝans und Bakirs (Izetbegović) Demokratie

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Es verwundert nicht, dass ein solcher Leader beliebt ist unter jenen Bürger/innen Bosnien und Herzegowinas, die sich durch eine religiös-nationale; naja, mehr religiöse als nationale, mehr (pan)islamische als bosniakische und bosnisch-herzegowinische; eben einer Politik der Familie Izetbegović beseelen lassen.

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Deutschland hat den Demokratie-Test in Erdoĝan-Demokratie im Gegensatz zu „Bakiristan“ (Bosnien und Herzegowina, Anm. d. Übers.) nicht bestanden, um die Aussage des türkischen, megalomanischen Halbdiktators Reçep Tayyip Erdoĝan zu paraphrasieren.

Um was für eine Demokratie es sich dabei handelt, wird unter anderem aus den Anekdoten des türkischen Journalisten Can Dündar deutlich, der behauptet, dass der weltweit höchste Bildungsgrad derzeit im türkischen Gefängnis „Silivri“ herrscht, wo Schriftsteller/innen, Intellektuelle und Journalist/innen einsitzen. Dündar, der selbst vom Erdoĝan-Regime verhaftet wurde und heute im Exil in Deutschland lebt, erzählt von einem Insassen in Silivri, der sich ein Buch aus der Gefängnis-Bücherei ausleihen wollte. Der Bibliothekar antwortete ihm: „Das Buch haben wir nicht, aber den Autor haben wir hier.“

Der türkische Schriftsteller und Nobelpreisträger Orhan Pamuk, dem die Regierung Bakiristans dieses Jahr die bereits verliehene Auszeichnung als Ehrenbürger der Stadt Sarajevo aberkannte, wurde bereits vor 12 Jahren wegen „Beleidigung des Türkentums“ angeklagt und vor Gericht gestellt. Er hatte in einem Interview die planmäßig durchgeführte Ermordung mehrerer Millionen Armenier 1915-1917 als Genozid bezeichnet, was die Türkei jedoch verleugnet. Bis heute hat er wegen seiner Kritik an der Regierung Probleme, aber, wie er der Times im Herbst verriet, will er nicht kapitulieren vor der Angst, die Erdoĝans Regime verbreitet.

Es verwundert nicht, dass ein solcher Leader beliebt ist unter jenen Bürger/innen Bosnien und Herzegowinas, die sich durch eine religiös-nationale; naja, mehr religiöse als nationale, mehr (pan)islamische als bosniakische und bosnisch-herzegowinische; eben einer Politik der Familie Izetbegović und deren Clan, organisiert in der Partei für Demokratische Aktion (SDA), beseelen lassen. Auch in diesem Fleckchen Erde lehnt man im Namen dieses religiös-nationalen Programms jede Art von selbstkritischer Reflexion ab, die Verfolgung von Intellektuellen ist die Lieblingsbeschäftigung der claneigenen Mediensturmtruppen (allen voran das notorisch faschistische Presseorgan Stav), und der Kampf gegen einen säkularen Staat und die größtmögliche Präsenz einer religiösen Ideologie im öffentlichen Leben findet täglich statt.

(Die Gräueltaten auf anderen Fleckchen Erde, die im Namen anderer, jedoch ähnlicher Programme verübt werden, waren Thema in vorherigen texten und werden Thema in künftigen Texten sein.)

Es ist also auch kein Wunder, dass viele Menschen (wir hoffen, es bleibt eine Minderheit, aber die Wahlen im Oktober werden es zeigen), die vereinnahmt wurden vom religiös-nationalen Gott, im Ehepaar Izetbegović und Erdoĝan die Retter und Erlöser von der bösen Idee einer freien Gesellschaft, der Gleichberechtigung aller Bürger/innen, der Minderheitenrechte, Rationalität usw. sehen.

Das einzige, was doch wundert, ist, dass so viele Türkinnen und Türken, die in Deutschland, den Niederlanden, Österreich usw. leben, gekommen sind, um Erdoĝan zu unterstützen und Europa zu bezichtigen, es sei faschistisch, da sie ihrem Leader nicht erlauben, seine Wahlkampagnen in ihren Ländern zu halten. Der arabische Historiker und Soziologe Ali al-Wardi schrieb seinerzeit: „Wenn die Araber zwischen zwei Staatsformen, einem religiösen und einem säkularen Staat wählen könnten, würden sie den religiösen Staat wählen und in den säkularen fliehen.“  Heute könnten wir sagen: „Wenn die religiös-nationalistisch angefixten Bürgerinnen und Bürger Bosniens und der Türkei zwischen zwei Gesellschaftssystemen, dem Izetbegović- Erdoĝan-System und dem westeuropäischen System wählen müssten, würden sie sich für Izetbegović- Erdoĝan entscheiden und nach Deutschland oder Nordamerika fliehen.“

Der Text wurde mit Genehmigung übernommen von Prometej.ba

Übersetzt ins Deutsche von Alma Sukić, hbs