Das unheilvolle Bündnis gegen Bosnien und Herzegowina

Die unheilvolle Allianz zwischen Serbien, einem Kandidaten für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union, und Kroatien, dem jüngsten Mitglied der Europäischen Union, gefährdet die Friedensordnung auf dem Balkan. Die nationalistischen serbisch-kroatischen Abkommen über Bosnien-Herzegowina basieren nicht auf demokratischen Prinzipien der Freiheit und Gleichheit, sondern auf den blutigen Ruinen einer ethnonationalistischen Ideologie und Kriegspolitik, die von den Vorgängern der heutigen ethnonationalistischen Eliten, den ehemaligen Präsidenten Kroatiens, Franjo Tudjman und Serbiens, Slobodan Milosevic, vertreten wurden. Solche Abkommen gehen in die Geschichte des Balkans als solche ein, die künftige Konflikte bereits in sich tragen. Sie basieren ausschließlich auf territorialer Expansion auf Kosten des Nachbarlandes Bosnien-Herzegowina und haben im vergangenen Jahrhundert zu Kriegen, Verbrechen, Plünderungen und Völkermord geführt und dabei Tausende von Opfern, verzweifelte Menschen und zerstörte Gesellschaften hinterlassen. Husnija Kamberović, Professor für Geschichte an der Universität in Sarajevo, erklärt in seinem Text "Unheilvolle Allianz", welche Bilanzen aus ähnlichen Vereinbarungen in den letzten Jahrzehnten gezogen werden können.

political games

Die angedeutete Allianzen zwischen Milorad Dodik, dem Präsidenten des Bundes der unabhängigen Sozialdemokraten (SNSD) und Mitglied des Präsidiums Bosnien-Herzegowina aus der Reihe des serbischen Volkes und Dragan Čović, dem Präsidenten der Kroatischen Demokratischen Union Bosnien-Herzegowina (HDZ BiH), der die Führung aus Serbien und Kroatien Beistand leisetet, sind nicht nur für Bosnien-Herzegowina gefährlich, sie stellen auch eine echte Bedrohung für die Friedensordnung auf dem Balkan dar. Solche Vereinbarungen haben in der Vergangenheit (das Abkommen von Cvetković-Maček von 1939, das Abkommen von Karađorđevo von 1991 und das Abkommen von Graz von 1992)  immer Unheil gebracht. In dem Moment, in dem Serbien aufhört, die Rolle des Beschützers aller Serben auf dem Balkan zu spielen, und Kroatien sein Bestreben aufgibt, seinen geografischen Rahmen zu verbessern, lassen sich für die politische Elite in Bosnien-Herzegowina Perspektiven für den Aufbau einer einheitlichen Politik aufmachen. Die historische Erfahrungen hatten gezeigt, dass nur einheitliche Reaktionen der politischen Eliten aus Bosnien-Herzegowina einen friedlichen Ausweg anbieten konnten. Die Erzwingung einer ausschließlich nationalen Vertretung in Bosnien-Herzegowina bietet keine guten Hoffnungen auf Erfolg.

In seiner berühmten "Sarajevo-Rede" Ende 1970 sagte der Parteiführer der serbischen Liberalen, Marko Nikezić, vor den Serben in Bosnien-Herzegowina, dass sie ihre Identität und Behauptung in dieser Republik entwickeln sollten und dass Serbien sich nicht mit den Interessen aller Serben in Jugoslawien identifizieren könne:

"Die Zeit einer solchen Identifikation der Republik Serbien mit Jugoslawien ist vorbei, die einerseits zur Vernachlässigung der wirklichen Interessen der Republik [Serbien] führte und andererseits von anderen Völkern Jugoslawiens nur als Streben nach Hegemonie wahrgenommen werden konnte."

Lange nach dieser Rede eines serbischen Funktionärs sagte Stjepan Mesić, Präsident der Republik Kroatien, der damit eine Botschaft an die Kroaten in Bosnien-Herzegowina sendete:

"Eure Heimat ist Bosnien-Herzegowina, eure Hauptstadt ist Sarajewo. Gestaltet eure Politik zusammen mit den beiden anderen Völkern".

Im Gegensatz zu diesen beiden Aussagen, die die respektvolle Haltung Serbiens und Kroatiens gegenüber Bosnien-Herzegowina zeigen, waren wir Zeitzeugen nicht nur von Aussagen, sondern auch von aktiven Handlungen, die zeigten, dass die beiden bosnisch-herzegowinischen Nachbarländer, Bosnien-Herzegowina lieber als Pufferzone als wahren und gleichberechtigten Nachbarn sehen würden.

Während des 20. Jahrhunderts entwickelten sich die Beziehungen der politischen Eliten Serbiens und Kroatiens zu Bosnien-Herzegowina mit unterschiedlicher Dynamik, und die endgültigen Ergebnisse hingen immer von der Fähigkeit der politischen Eliten in Bosnien-Herzegowina ab, sich als gleichberechtigter Partner durchzusetzen. Hier sind drei Regeln erkennbar:

Erstens, in Zeiten, in denen die politische Elite in Bosnien-Herzegowina schwach und über die grundlegenden Fragen der Souveränität und Integrität von Bosnien-Herzegowina gespalten war, endeten die Einflüsse aus Serbien und Kroatien für Bosnien-Herzegowina tragisch. In Zeiten, in denen die Elite in Bosnien-Herzegowina Selbstvertrauen hatte und politische Einheit zum Ausdruck brachte, schwächten die Einflüsse Serbiens und Kroatiens auf die Prozesse in Bosnien ab und endeten als Fiasko.

Zweitens, als die politischen Eliten in Bosnien-Herzegowina ausschließlich als Beschützer ethnischer oder religiöser Interessen auftraten, hatten sie nicht genug Kraft, um die Souveränität und Integrität von Bosnien-Herzegowina zu verteidigen. Als sie ethnische und religiöse Rahmen überholten, hatten sie genug Kraft, um negativen und paternalistischen Einflüssen aus der Nachbarschaft sich erfolgreich entgegenzusetzen und die bosnische Staatlichkeit und Gesellschaft im Ganzen aufzubauen.

Drittens, wenn die ethnischen Parteiführer in Bosnien-Herzegowina getrennte Vereinbarungen trafen, führten diese immer zu nationalem Leid, obwohl sie als Rettung für gefährdete nationale Interessen gerechtfertigt wurden.

Dies lässt sich an konkreten Beispielen zeigen:

Zwischen den beiden Weltkriegen lebten sowohl Bosnien-Herzegowina als auch Jugoslawien ständige Krisen durch. Weder waren diese Krisen das Ergebnis von Konflikten nationaler Ideologien, noch waren politische Streitigkeiten immer ein Spiegelbild nationaler Identitäten, sondern die mangelnde Bereitschaft der politischen Eliten, einen Kompromiss zu erzielen. Das heißt, die Krisen waren das Ergebnis konkreter Entscheidungen der politischen Eliten nach 1918, wie Dejan Đokić vor einigen Jahren in seinem Buch „Ein unerreichbarer Kompromiss“ überzeugend bewiesen hat. Der "unerreichbare Kompromiss" in Jugoslawien konnte 1939 nicht durch ein partielles serbokroatisches Abkommen auf Kosten von Bosnien-Herzegowina ersetzt werden, obwohl dies zu dieser Zeit eine gute Lösung für Jugoslawien schien. Es stellte sich jedoch heraus, dass das Abkommen nichts Gutes brachte, da das Königreich Jugoslawien 1941 leicht gestürzt wurde und die Banschaft Kroatien (Banovina Hrvatska) als Teil Jugoslawiens etwas mehr als ein Jahr überlebte.

Die politischen Eliten in Bosnien-Herzegowina waren nicht einheitlich: Die serbische politische Elite, die zwischen der Loyalität gegenüber Bosnien-Herzegowina und Jugoslawien geteilt war, fand keinen Kompromiss mit anderen und schaffte ständig neue Konfliktfronten. Die muslimische politische Elite drückte ihre Loyalität gegenüber Jugoslawien aus, um die territoriale Integrität von Bosnien-Herzegowina zu wahren. Deswegen stand sie in ständigem Konflikt mit einem Teil der serbischen politischen Elite in Bosnien-Herzegowina, machte jedoch Kompromisse und bildete politische Allianzen mit politischen Eliten aus Serbien, weshalb die politische Elite aus Kroatien ihr vorwarf, durch dieses Mänover Schuld an „falls es irgendwann zur Teilung von Bosnien kommt" zu sein. Die politische Elite in Kroatien vertrat offiziell den Standpunkt, dass die Menschen in Bosnien-Herzegowina die Freiheit haben, über den Status von Bosnien-Herzegowina zu entscheiden. Sobald sich jedoch 1939 die Gelegenheit aufzeigte, eine kroatische Banschaft zu schaffen, beschloss Kroatien, Teile von Bosnien-Herzegowina mit einer kroatischen katholischen Mehrheit einzubeziehen, mit Mačeks Begründung: "Wir [kroatische Katholiken] werden wegen euch [Muslimen] nicht ewig in Sklaverei sein."

Dieses Abkommen zwischen den serbischen und kroatischen politischen Eliten von 1939 bedeutete eine weitere Teilung von Bosnien-Herzegowina, zeigte jedoch gleichzeitig das Scheitern der jugoslawischen Integration und formalisierte die endgültige Trennung von Serben und Kroaten in zwei separate Nationen. Solch ein Abkommen war auch deswegen möglich, weil nach 1935 die muslimische politische Elite durch den Beitritt zur jugoslawischen radikalen Gemeinschaft geschwächt wurde. Die muslimische politische Elite, die sich um Mehmed Spaho versammelt hatte, verzichtete nämlich auf eine unabhängige politische Partei, um die Autonomie der islamischen Religionsgemeinschaft zu erlangen, aber auf diese Weise wurde ihr Handlungsspielraum und die Möglichkeit, weitere Debatten über die Organisation des jugoslawischen Staates zu beeinflussen, eingeschränkt. Ohne internen Konsens konnten die politischen Eliten die Integrität von Bosnien-Herzegowina zwischen den beiden Weltkriegen nicht bewahren. Aber als die sozialistische Elite diesen Konsens erreichte, funktionierte Bosnien-Herzegowina von 1945 bis Ende der 1980er als Ganzes. Es ist eine Illusion anzunehmen, dass die politischen Eliten Serbiens und Kroatiens gegenüber Bosnien-Herzegowina bereits in dieser Zeit eine Politik auf den Grundlagen aufbauten, die von Marko Nikezić 1970 gebildet und zum Ausdruck gebracht wurde.

Obwohl formal gleichberechtigt, hat Bosnien-Herzegowina große Bemühungen unternommen, um diese Gleichberechtigung in der Praxis zu erreichen - das gelang nur, wenn der Staat seine innere Einheit aufgebaut hatte. In den späten 1960er und frühen 1970er Jahren war sich die bosnische Elite einig in ihren Anstrengungen, kroatische Einflüsse zu stoppen und "paternalistische Bestrebungen" von Kroatien nach Bosnien-Herzegowina abzuwehren. In einem Gespräch mit Branko Mikulić, einem hochrangierten kommunistischen Funktionär aus Bosnien, im Jahr 1977 warnte Edvard Kardelj, Mitglied des jugoslawischen Präsidiums, seinen Gesprächspartner, dass viele in Jugoslawien, insbesondere in Serbien und Kroatien, gegen Bosnien intrigierten. Kardelj fügte jedoch noch am Ende hinzu: "Ihr in Bosnien-Herzegowina seid einheitlich, lasst euch nicht auseinanderreißen, also ist das Gerede weniger gefährlich." Als die Kampagne gegen Bosnien-Herzegowina in Serbien in der ersten Hälfte der 1980er Jahre begann, war Nikola Stojanović, ein ethnischer Serbe, sehr hart gegenüber der serbischen Führung und drohte damit, die Medien in Bosnien-Herzegowina für eine Kampagne gegen die serbische Führung zu engagieren, was eine positive Auswirkung hatte. Hintergrund dieses Erfolg war die Einheit der politischen Elite in Bosnien-Herzegowina, unabhängig von der nationalen Zugehörigkeit.

Als diese Einheit gebrochen war, schwebte wieder eine Wolke bedrohlichen Bündnisses über Bosnien-Herzegowina. Die Ideen aus dem Abkommen der serbischen und kroatischen politischen Eliten, das erstmals 1939 mit der Gründung der Banovina Kroatien ins Leben gerufen wurde, gewannen wieder an Stärke, und die Banovina Kroatien wurde in den 1990er Jahren zum Ideal der kroatischen nationalistischen politischen Elite. Andererseits gewann die Idee von Bosnien-Herzegowina als Kern des serbischen Nationalraums an Dynamik. Im Jahr 1991 fanden Verhandlungen zwischen Franjo Tuđman, Präsident von Kroatien, und Slobodan Milošević, Präsident von Serbien, über die Lösung der Jugoslawien-Krise statt, und eine der Optionen, die auf dem Tisch lag, war die Teilung von Bosnien-Herzegowina. Heute ist klar, dass dieses Gespräch gegen bosnischen Präsidenten Izetbegović, aber auch gegen jugoslawischen Premierminister Marković gerichtet war. Die Gespräche in Karađorđevo, über deren Inhalt die Medien spekulierten, waren offensichtlich viel mehr als nur ein freundschaftliches Gespräch zwischen zwei Präsidenten. In seinem Tagebuch schreibt Dušan Bilandžić: "Tuđman erklärt mir, dass in Karađorđevo am 25. März 1991 mit Milošević eine grundsätzliche Vereinbarung über die Teilung von Bosnien-Herzegowina erzielt wurde." Es wurden auch Expertenkommissionen gebildet, um die Ideen der Teilung zu konkretisieren. Im Hintergrund stand die Überzeugung, dass die Jugoslawien-Krise durch ein Abkommen zwischen Serben und Kroaten und die Teilung von Bosnien-Herzegowina gelöst werden konnte. Sitzungen von Expertenkommissionen brachten keinerlei Ergebnisse, aber der bittere Nachgeschmack blieb, dass "der Geist von Karađorđevo", bzw. die Einigung über die Teilung von Bosnien-Herzegowina, erreicht wurde und dass der Krieg, der danach geführt wurde, in gewisser Weise ein "vereinbarter Krieg" war. Es ist schwierig, die These eines "vereinbarten Krieges" zu akzeptieren, ebenso ist es schwierig, das Zeugnis zu widerlegen, dass die Teilung von Bosnien-Herzegowina tatsächlich in Karađorđevo vereinbart wurde. Obwohl das Abkommen anscheinend nicht in ein schriftliches verbindliches Dokument verwandelt wurde und es größtenteils von Tuđmans späteren politischen Gegnern (aber damaligen Verbündeten) bezeugt wurde, wird es in die Kategorie der politischen Mythen eingestuft, bzw. "imaginäre Aufwertung, verzerrte oder nicht objektive, unzuverlässige, kontroverse Erklärung der Realität ". Die am weitesten verbreitete Überzeugung, heute ist, dass in Karađorđevo zwar eine grundsätzliche Einigung über die Teilung von Bosnien-Herzegowina erzielt wurde, die Operationalisierung dieser Einigung jedoch nicht bis zum Ende durchgeführt wurde. Das Treffen war nicht geheim, aber der Inhalt blieb weitgehend geheim. Bosnien-Herzegowina wurde auf dem Treffen sicherlich erwähnt, aber es ist kein schriftliches verbindliches Dokument über seine Teilung erhalten geblieben. Das, was der Wahrheit am nächsten kommt, ist der Glaube, dass es damals darüber diskutiert wurde, sowie über eine Reihe anderer Optionen.

Hier ist jedoch entscheidend, dass Tuđman und Milošević unbestritten über Bosnien-Herzegowina in Karađorđevo diskutierten. Vor dem Treffen in Karađorđevo erklärte Alija Izetbegović in einem Brief an Tuđman, er habe „zuverlässige Informationen", dass Milošević Tuđman „einige partielle Lösungen anbieten würde, die teilweise auf Kosten von Muslimen und Bosnien-Herzegowina gehen würden", und bat Tuđman, dies abzulehnen, weil es "zum Chaos führen würde, das einige Kräfte wünschen". Wahrscheinlich gab es in diesen Gesprächen Vorschläge für eine Teilung als Weg zur endgültigen Lösung des serbo-kroatischen Frage, und es ist sicher, dass spätere Expertenkommissionen an der Abgrenzung als einem der Modelle zur Lösung der Jugoslawien-Krise arbeiteten. Diese Vereinbarungen konnten jedoch keine "endgültige Lösung" bringen, sondern führten auch zu einem schrecklichen Krieg, in dem alle gelitten haben, insbesondere Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Die Vereinbarungen Serbiens und Kroatiens auf Kosten von Bosnien-Herzegowina Anfang der neunziger Jahre konnten keinem der drei etwas Gutes bringen. Solche Allianzen weisten immer auf  Unheil hin.

Die ethnischen Eliten haben sich dann inmitten von Bosnien-Herzegowina auf dieses "Unheil anrichten" miteinbeziehen lassen. Zu Beginn des Krieges 1992 gegen Bosnien-Herzegowina wurde am 6. Mai 1992 in Graz (wieder nicht in schriftlicher Form) ein Abkommen zwischen Mate Boban, dem Führer der parastaatlichen kroatischen Gemeinschaft von Herceg-Bosna, und dem heute schon verurteilten Kriegsverbrecher Radovan Karadžić, dem Führer der Serbischen Demokratischen Partei BuH (SDS), erzielt, welches zeigte, dass erst mit der internen Unterstützung der externen Interventionen gegen Bosnien-Herzegowina die Chancen auf Erfolg für die Teilung sich aufzeigten. Dieses Abkommen in Graz "legte die Umrisse territorialer Ambitionen fest, die weit über die von Serben und Kroaten bewohnten Gebiete hinausgingen." Einige Tage nach diesem Abkommen verabschiedete die Volskversammlung der Republika Srpska am 12. Mai 1992 die sechs strategischen Ziele, die eine große Katastrophe und ein Übel in Bosnien-Herzegowina signalisierten.

Auf dem Balkan scheint des Unheils nie genug zu sein. Milorad Dodiks jüngste Aussage, dass Serben und Kroaten "eine gemeinsame Erklärung darüber erstellen werden, wie Bosnien-Herzegowina funktionieren kann" und dass, wenn sie nicht akzeptiert wird, "Trennung die einzige Lösung ist", ruft genau dieses Unheil herbei. Es ist gefährlich, weil es auf die Erschaffung einer "Allianz der Nationen" und auf partielle Vereinbarungen zweier deutet, gleichzeitig den dritten vor ein Ultimatum stellend, genau wie das Abkommen von Karađorđevo und Graz. Nun, dies wird jetzt sehr offen angedeutet.

Abgesehen von der Tatsache, dass die Ultimaten auf dem Balkan nie gut endeten, ist diese Aussage von Dodik auch deshalb gefährlich, weil sie die Einheit der Nation um ein Ziel herum impliziert und dieses Ziel wird nur von (ethno)nationalen Partei (in diesem Fall SNSD und HDZ BuH) definiert. Die Politik, die in den letzten 30 Jahren in Bosnien-Herzegowina geführt und von der internationalen Gemeinschaft unterstützt wurde, hat gerade ethnopolitische Orientierungen gefördert, und dies kommt nun langsam zum Tragen und bedroht die Existenz von Bosnien-Herzegowina. Das Prinzip der ausschließlichen (ethno)nationalen Vertretung zu unterstützen und alles auf Abkommen von "nationalen Führern" zu reduzieren, egal wie legitim es erscheinen mag, ist so gefährlich, weil jedes Abkommen auf solchen Prinzipien kann nur zur Zeichnung neuer Grenzen führen. Nach all den negativen Erfahrungen sowohl vor dem Zweiten Weltkrieg als auch vor den Kriegen der neunziger Jahre ist die heutige Überzeugung einiger Balkanführer, dass eine endgültige Lösung und ein dauerhafter Frieden durch neue Abgrenzungen möglich ist - in denen die schwächsten am schlechtesten abschneiden - sind gefährlich, da jede weitere Abgrenzung mit neuen Wellen ethnischer Verfolgung begleitet wäre.

Die Beteurungen, die wir oft vom serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić über die Achtung der Souveränität von Bosnien-Herzegowina hören, scheinen im Kontext seiner engen Beziehungen zu Milorad Dodik nicht überzeugend, der jede Gelegenheit nutzt, um den Wunsch nach Vereinigung Republika Srpska mit Serbien (die sich ständig bewaffnet) zu betonen. Andererseits liegt die kroatische Politik gegenüber Bosnien-Herzegowina offiziell im Rahmen der Achtung der Souveränität, insistiert jedoch nur auf einer partiellen Politik, die darauf orientiert ist, die Forderungen der Partei HDZ BiH zu unterstützen, und lässt nicht viel Raum für die Entwicklung gegenseitiger Achtung. Aussagen wie diese, dass in Bosnien-Herzegowina "das Leben und die Zukunft der Kroaten mit den Bosniaken ist" sind richtig, aber sie müssen über diese Dualismen (Serben und Kroaten, Kroaten und Bosniaken) hinausgehen und zu dem Prinzip zurückkehren, dass " das Leben und die Zukunft der Kroaten und Serben mit Bosniaken" in Bosnien-Herzegowina sind.   Fast völlig unrealistisch scheinen letztendlich jetzt die Ansichten über Bosnien-Herzegowina, die aus den Reihen der stärksten bosniakischen Nationalpartei und einiger links orientierten intellektuellen Kreise zu hören sind. Europa und die Welt bieten keine Lösungen an, und da Bosnien-Herzegowina derzeit sicherlich der schwächste Staat auf dem Balkan ist, ist seine innere Struktur gebrochen, das Bindegewebe wird immer weniger, ethnische Eliten dominieren die politische Szene und der Ruf des Nationalstaates hat die Grenzen überschritten. Es ist notwendig, einige realistische Vorschläge zu unterbreiten, damit diese direkte Einschließung Serbiens und Kroatiens in die Frage von Bosnien-Herzegowina sowie die Trägheit Europas keine dauerhaften negativen Folgen für die Balkanländer hinterlässt. Im Hintergrund all dieser Gespräche gibt es jedoch Ideen zu neuen Abgrenzungen. In diesem Rahmen sind die in den letzten Tagen in Zagreb und Belgrad organisierten Gespräche mit "nationalen Führern" aus Bosnien-Herzegowina wie eine Biopsie, die das erkrankte Gewebe von Bosnien-Herzegowina nur noch mehr zerstören kann. Nach 30 Jahren seit Karađorđevo und all den Kriegserfahrungen sollten wir die Tatsache akzeptieren, dass die bestehenden Staatsgrenzen unveränderlich sind, aber es ist auch wichtig zu verstehen, dass die internen Beziehungen verschiedenen Dynamiken unterliegen und sich ändern können. Mit einer klaren und konsequenten Entwicklung der Loyalität gegenüber dem Staat. Falls das nicht geschieht, Allianzen, die hinter diesen Vereinbarungen zu erkennen sind, verheißen nichts Gutes.