Es existiert eine groteske Umkehrung des Paradigmas von Recht und Ordnung. Nicht Gesetze oder internationale Standards bestimmen, was rechtmäßig ist, sondern kriminelle Machtkartelle, die mit den dominierenden Parteien enge Überschneidungen aufweisen.
Als Folge daraus sind Individual- und Menschenrechte weitestgehend ausgehebelt, der Einzelne hat in diesen rechtsfreien Strukturen kaum Chancen, sein Recht durchzusetzen.
Der Westen, allen voran die EU, hat es nicht vermocht, diese destruktiven Kräfte einzudämmen und für ihre Agenda – Demokratie, Liberalität, Vielfalt – nachdrücklich zu werben.
Mit ihrer Verzagtheit, die die EU schon im Bosnien-Krieg an den Tag legte, versäumt die EU es nun neuerlich, europäische Werte auf dem Balkan zu verteidigen. Dies allerdings bedroht mehr und mehr auch die EU in ihren Grundfesten: Grassierende Zerstörungsideologien, die sich in den neunziger Jahren Bahn gebrochen haben, schwappen nun in die EU zurück und gefährden den Zusammenhalt innerhalb der Union.
Radikalisierungen
Kriege schaffen, erst mal ohne Waffen
Es ist sicherlich ein Unikum weltweit. In Bosnien und Herzegowina ist es Realität: Ein Präsident, der offen und brutal an der Zerstörung jenes Landes mitwirkt, dem er politisch vorsteht: Milorad Dodik, serbischer Vertreter des bosnisch-herzegowinischen Staatspräsidiums, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Abtrennung der serbischen Teil-Entität, die aufgrund systematischer Vertreibungspolitiken und Tötungen von 1992-95 entstand, aus dem gesamt-bosnischen Staatsverband herauszulösen.
Kaum eine Woche, in der der Berufs-Provokateur das Thema Sezession nicht öffentlich diskutiert.
Und auch kroatische Vertreter halten an den alten, menschenverachtenden Politiken fest: Im August 2019 gratulierte ein hochrangiger Vertreter der kroatischen HDZ zur 25-Jährigen Gründung Herceg-Bosnas, jenes Parastaates, der vor dem Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag mit 111 Jahren Haft abgestraft wurde. Die HDZ in Bosnien, angeführt von Dragan Covic, promotet das mörderische Projekt ebenso ungehemmt als Zukunftslösung des Landes, angefeuert von HDZ-Vertretern in Kroatien.
Landauf landab hängen die seltsamen Fahnen mit dem Deckelchen, ähnlich einem Marmeladentopf, zusätzlich mit einem Schachmuster verziert. Die damit einhergehende offene Glorifizierung von Kriegsverbrechen, befeuert ausgerechnet von Vertretern der Regierungspartei eines EU-Landes, ist dazu angetan, den Friedensprozess in Bosnien- und Herzegowina – und damit auf dem Balkan insgesamt - nachhaltig zu gefährden.
Und schließlich die Bosniaken-Partei SDA, die mit dem türkischen Machthaber Recep Tayyip Erdogan enge Kontakte pflegt und auf diese Weise eine sukzessive Türkifizierung des eigentlich europäisch gesinnten Islam betreibt. Auch Kriegsoptionen werden seitens der Bosniaken immer wieder genannt.
Das Schüren von Untergangsszenarien funktioniert auf allen Seiten der nationalistischen Eliten in Bosnien und Herzegowina wunderbar, um die Macht, sie sie seit mehr als zwei Jahrzehnten halten, weiter zu verteidigen.
24 Jahre nach Ende des Krieges steht Bosnien und Herzegowina exemplarisch für das Dilemma, in dem sich die ganze Region befindet: Politischer Aufbruch, eine nachhaltige Demokratisierung lässt weiter auf sich warten, hingegen sind jene Nationalismen und radikalen Auslöschungsideologien der 90er, die zu Hunderttausenden Vertriebenen und Toten führten, kaum überwunden, ganz im Gegenteil. Sie brechen sich neuerlich Bahn, verstärken sich gegenseitig und fördern ihrerseits neue Radikalisierungen.
Kroatien, das jüngste EU-Mitgliedsland, das im Januar 2020 die Ratspräsidentschaft übernehmen wird, macht mit einem besorgniserregenden Revanchismus auf sich aufmerksam. Geschichtsumdeutungen, offen nationalistische Anfeindungen – kein Nachbarland, mit dem Kroatien in jüngster Zeit nicht aneinandergeriet.
Dazu die seitens der rechts-nationalistischen HDZ (insbesondere der Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic) betriebene Anbiederung an rechtsextreme und faschistische Traditionen; man besucht lieber das österreichische Bleiburg, Mekka der neo-nazistischen Szene, statt Zeichen zur Versöhnung auszusenden. Angeheizt werden diese kruden Tendenzen, nicht zum ersten Mal, von der Katholischen Kirche.
Vucic: Fehlgeleitete deutsche Außenpolitik
Derweil ist Serbien unter Aleksander Vucic mehr und mehr zu einem Desaster der deutschen Außenpolitik geworden. Dachte man augenscheinlich lange, Vucic als Garanten für eine sichere EU-Orientierung des Landes stützen zu müssen, um damit eine Art befriedende Hebelwirkung auch für den Rest des Westbalkan erzielen zu können, zeigen sich immer stärker die autoritären Tendenzen des lavierenden Macht-Politikers. Gestützt wird Vucic dabei immer offener von Moskau, das die Region immer stärker für seine Interventionen entdeckt.
Die russische Unterstützung wurde spätestens durch den Besuch Putins im Januar 2019 sichtbar, als Belgrad den russischen Gast wie einen Helden bejubelte. Immer wieder hat Vucic in den letzten Jahren zu mehr Stabilität und Frieden in der Region aufgerufen, die gezielten Attacken gegen den bosnischen Staat durch Milorad Dodik, seinen Partner in der bosnischen Republika Srpska, lässt er dagegen auffällig unkommentiert.
Immerhin konnten in Nord-Mazedonien die destruktiven Politikansätze durch den Sozialdemokraten und Visionär Zoran Zaev ausgebremst werden, die Beilegung des Namensstreites mit Griechenland im Prespa-Abkommen kam einem historischen Akt gleich: Selten einmal in der Region wurde in den letzten Jahren mit einem bilateralen Abkommen Kompromissbereitschaft signalisiert und das Gemeinwohl über das Eigen- oder Parteieninteresse gestellt.
Umso unverständlicher, dass Frankreich auf dem EU-Gipfel im Oktober 2019 die Aufnahme von Verhandlungen mit Nord-Mazedonien verhinderte – ein neuerlicher Beleg dafür, dass es einzelnen Mitgliedstaaten an Verantwortungsbewusstsein für die Region fehlt. Ohnehin hat sich das Land bislang kaum von den zersetzenden Narrativen eines echten „Mazedonentums“ durch die von Russland gestützte ehemalige Regierungspartei VMRO-DPMNE erholt. Diese hatte bewusst exklusive und hetzerische Politikansätze befördert, die im April 2017 gar dazu führten, dass Anhänger dieses nationalistischen Kurses das Parlament in Skopje stürmten und dortige Parlamentarier krankenhausreif prügelten. Dieses blutige Szenario hat Frankreich anscheinend schon wieder vergessen, die unverantwortliche Zurückweisung Nord-Mazedoniens sowie Brüskietrung der Regierung Zaev samt der eingeleiteten Reformansätze stellt einen historischen Fehler da: Statt Nord-Mazedonien nun dabei zu helfen, den Reformkurs fortzusetzen, nimmt man in Kauf, dass sich die nationalistischen Kräfte rund um die VMRO neuerlich Bahn brechen und es zum großen Rollback kommt. Auf diese Weise trägt die EU unweigerlich höchstselbst zu weiteren Radikalisierungen in der Region bei.
Montenegro hat immerhin mit der wegweisenden Entscheidung zur Nato-Mitgliedschaft die Möglichkeiten einer Einflussnahme Russlands begrenzt, auch wenn damit ausgerechnet Milo Djukanovic, eine der umstrittensten Politikerfiguren der Region, zur historischen Figur aufgestiegen ist. Ein Killertrupp, offenbar bezahlt aus Moskau, der 2016 zum Coup d´état eingereist war, um Djukanovic zu beseitigen, wurde inzwischen juristisch belangt.
Das Beispiel zeigt auf drastische Weise, dass der Westen auf dem Balkan längst nicht mehr alleine ist, um die Zukunft der fragilen Region dauerhaft und nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Andere Stakeholder wie Russland, die Türkei, China und die arabischen Staaten sind längst dabei, ihre Einflussmöglichkeiten auszubauen – diese Einflüsse legen zweifelsfrei den Grundstein für weitere Auseinandersetzungen und Krisenherde.
Insgesamt kommt es der EU teuer zu stehen, dass sie viel zu lange mit den korrupten und kriminellen Eliten des Balkan eine verheerende Partnerschaft betrieb; man setzte durch eine krude Appeasementpolitik auf eine scheinbare Stabilität, echte demokratische Prozesse wurden hinten angestellt.
Das große Versagen der EU – Zurückschwappen der Auslöschungsideologien
Mit fatalen Folgen: Seit einiger Zeit sind die Demokratiewerte in den Balkanstaaten im freien Fall, bestens vernetzte Clans haben staatliche Institutionen und Medien weitestgehend unter ihre Kontrolle gebracht. Justizsysteme ächzen unter endemischer Korruption, (Partei-)-Einflussnahmen sind an der Tagesordnung.
Es existiert eine groteske Umkehrung des Paradigmas von Recht und Ordnung. Nicht Gesetze oder internationale Standards bestimmen, was rechtmäßig ist, sondern kriminelle Machtkartelle, die mit den dominierenden Parteien enge Überschneidungen aufweisen.
Als Folge daraus sind Individual- und Menschenrechte weitestgehend ausgehebelt, der Einzelne hat in diesen rechtsfreien Strukturen kaum Chancen, sein Recht durchzusetzen.
Der Westen, allen voran die EU, hat es nicht vermocht, diese destruktiven Kräfte einzudämmen und für ihre Agenda – Demokratie, Liberalität, Vielfalt – nachdrücklich zu werben.
Mit ihrer Verzagtheit, die die EU schon im Bosnien-Krieg an den Tag legte, versäumt die EU es nun neuerlich, europäische Werte auf dem Balkan zu verteidigen. Dies allerdings bedroht mehr und mehr auch die EU in ihren Grundfesten: Grassierende Zerstörungsideologien, die sich in den neunziger Jahren Bahn gebrochen haben, schwappen nun in die EU zurück und gefährden den Zusammenhalt innerhalb der Union.
Kroatien, jüngstes EU-Mitglied, drückt seine Demokratisierungserfolge aus dem EU-Integrationsprozess immer mehr beiseite. Der offene Revisionismus, die Verklärung der Ustasa-Vergangenheit geht dabei einher mit der Glorifizierung jener Taten einer großkroatischen Agenda im Bosnien-Krieg 1992-95 – all das hat Auswirkungen auf das gesellschaftliche Klima. 2019 kam es mehrfach zu Angriffen auf Mitglieder der serbischen Minderheit, im September wurden in Zadar gar zwei farbige US-Amerikaner krankenhausreif geprügelt, augenscheinlich dachten die Angreifer, die beiden Militärs seien homosexuell.
Dieser Rückfall in die neunziger Jahre, der Hass gegenüber Menschen anderer ethnischer Zugehörigkeit, mitten in einem EU-Land, findet in der EU dagegen kaum Beachtung.
Ungeachtet der tatsächlichen Probleme bezeichnete die neue Kommissionschefin Ursula von der Leyen Kroatien jüngst als „Erfolgsmodell“. Durch derartige Fehleinschätzungen werden die relevanten Akteure mit ihren gefährlichen Agenden statt vorgeführt, nur noch weiter ermutigt, ihre antidemokratischen Politikansätze weiter zu verfolgen.
Die EU – statt Erweiterungsanstrengungen brandgefährliche Politikansätze
Wie blind die EU mitunter gegenüber balkanischen Gefährdungslagen agiert, zeigte sich nicht zuletzt auch am Beispiel der ehemaligen EU-Außenbeauftragten, Federica Mogherini, die in den letzten Zügen ihrer Amtszeit dazu beitrug, Krisenszenarien neuerlich zu befördern.
Die von der Italienerin maßgeblich forcierte Diskussion zum landswap zwischen Serbien und Kosovo hatte zum Ziel, einen Gebietsaustausch zwischen den Ländern nach ethnischen Gesichtspunkten zu organisieren – mit diesem Ansatz, der de facto neuerliche „Säuberungspolitiken“ befeuert hätte, hätte man den Mördern der Balkankriege, von Radovan Karadzic über Ratko Mladic bis hin zu Slobodan Praljak oder Jadranko Prlic nachträglich einen Persilschein für ihre Politiken der verbrannten Erde ausgestellt.
Es ist schwer nachzuvollziehen, warum derartige Radikalisierungsansätze ausgerechnet von der EU gestützt werden – war es nicht die EU, die einst als Gegenthese zu Nationalismus und ethnischem Rassenwahn gegründet wurde? Und eben diese Union, die immerhin mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, promotet für den Balkan ethnisch reine Lösungen á la landswap? Ein neuerlicher Beleg dafür, dass die Europäische Familie ganz offenbar ihren Kompass für den fragilsten Teil des Kontinents verloren hat.
Statt derartige Hasardeurspielchen zu befördern, wäre die EU gut beraten, dazu beizutragen, jene zivilen Akteure in den Balkanstaaten zu unterstützen, die, mitunter trotz massivster Bedrohungen und Anfeindungen an einer Demokratisierung ihrer Länder arbeiten. Ihnen müsste die EU uneingeschränkte Unterstützung zukommen lassen, nicht selten setzen diese Akteure ihr Leben aufs Spiel, um demokratische Grundregeln durchzufechten. Oft sind es kleine Davide gegen übermächtige Goliathe, denen es jedoch an strategischer Unterstützung fehlt, um Korruption und captured-state-Strukturen erfolgreich überwinden zu können. Bislang hat die EU den Demokraten auf dem Balkan nur wenig anzubieten. Hier gäbe es erheblichen Handlungsbedarf.
Zudem sollte die EU den lange aufgeschobenen Friedensprozess ernst nehmen und ihm neue Impulse verleihen. Die Radikalisierungen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass groß-territoriale Ideologien neu zirkulieren. Dodik und Vucic arbeiten an einem vereinigten Großserbien, die Kroaten hauchen dem großkroatischen Traum eines Franjo Tudjman neues Leben ein, und auch der albanische Premier Edi Rama zieht ab und an die großalbanische Karte, um zu signalisieren: Wenn ihr uns nicht wollt - wir können auch anders.
Die Region steckt in einer Sackgasse, ermattet angesichts visionsleerer EU-Politiken, mehr und mehr unter Druck durch geostrategische Machtspielchen anderer Akteure mit zweifelhaften Agenden. Schon gibt es offene Auseinandersetzungen über eine Mitgliedschaft Bosniens und Herzegowinas in der Nato, die Serben diesseits und jenseits der Grenze sind strikt gegen ein solches Bündnis. Auf die ohnehin angespannte Lage auf dem Balkan legen sich verstärkt die Schachzüge der großen Player.
Damit läuft die EU Gefahr, ihren Einfluss im instabilen Südosten des Kontinents zu verlieren. Die Gefahren einer solchen „feindlichen Übernahme“ des Balkan liegen auf der Hand – mit ihren illiberalen Agenden schaffen die umtriebigen anderen Akteure zweifelsfrei den Nährboden für weitere Radikalisierungen - neue Herde für potentielle Sicherheitsrisiken zeichnen sich ab.
Es gibt freilich einen Ausweg aus dem Dilemma: Das gezielte Umschwenken von der Schulterklopfpolitik mit kriminellen Eliten hin zu einer forcierten Rechtsoffensive, die das Ziel verfolgen sollte, demokratische Grundwerte zu implementieren. Korrupte Staatsanwälte und Richter müssen, ähnlich wie in Albanien auf den Weg gebracht, ihre Posten räumen, kriminelle Finanztransfers verfolgt und sanktioniert werden - eine funktionierende Justiz ist der Schlüssel für die Erholung der gesamten Region.
In Bosnien und Herzegowina warten zudem prominente Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) seit Jahren auf Umsetzung, mit denen endlich allen Bürgerinnen und Bürgern die gleichen Rechte eingeräumt würden. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, nicht aber in jenem Land, in dem der ethnische Apartheidgedanke nach wie vor gefeiert wird wie eine heilige Monstranz. Und so dürfen Juden und Roma sowie Menschen, die sich als Staatsbürger verstehen und sich in keine ethnische Schublade hineinpressen lassen, auch 24 Jahre nach Kriegsende nicht zu den Präsidial-Wahlen antreten, so wurde es 1995 im Daytoner Friedensakommen als Minimalkompromiss festgelegt, nun ist die Zeit gekommen, diese falschen Weichenstellungen zu beheben.
Fest steht: Derartigen Auswüchsen von Kategorisierungen in Menschen erster und zweiter Klasse, die in letzter Konsequenz zu den verheerenden Balkankriegen führten, muss endlich ein Ende gesetzt werden. Die Implementierung von europäischem Recht muss oberste Priorität haben, allzu lange hat die EU diese heiklen Themen ausgespart.
Gefragt ist ein beherztes Eintreten der EU und der USA für demokratische Grundpfeiler:
Gleichheit vor dem Gesetz, funktionierende Institutionen, uneingeschränkte Individual- und Menschenrechte, und nicht zu vergessen: Minderheitenrechte.
Jenen Stakeholdern, die die Systeme plündern und Staatssysteme zur Selbstbereicherung nutzen, während die Gesellschaften immer tiefer in Armut und Perspektivlosigkeit versinken, jenen politisch Verantwortlichen, die die Zukunft ihrer Länder verspielen und gleichzeitig das Risikopotenzial für die EU erhöhen, indem sie den fragilen Frieden bedrohen, müssen klare Fristen gesetzt und Grenzen gezogen werden. Auch die neuerliche Nutzung der sogenannten Bonn-Power des Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina, mit dem gefährliche Destruktion geahndet werden kann, sollte erwogen werden.
Der derzeit stattfindende Massenexodus gen Westeuropa ist ein Alarmzeichen.
Hunderttausende Menschen sind nicht länger bereit, die Zustände in ihren Heimatländern zu ertragen, sie nutzen die starke Nachfrage auf den westeuropäischen Jobmärkten und verlassen den Balkan – und mit ihnen geht das wohl teuerste Kapital, das die Region besitzt. Es gehen insbesondere jene potenziellen change-agents, die Demokratie- und Reformprozesse einleiten könnten. Mit ihrem Weggang schwächen sich jedoch die Aussichten für künftige Demokratisierungen dramatisch ab.
Die Radikalisierungen auf dem Westbalkan sind real, die verbalen Aufrüstungen laufen bereits. All das, was Europa glaubte, überwunden zu haben, bricht neuerlich auf. Europa muss sich beeilen, diese Tendenzen einzudämmen. Andere warten bereits auf ihre Chance, der Region eine neue Wendung zu geben.